Bandeiras

2002 (5′21″)
Installation

Die Installationen “Bandeiras” und “Bandeiras encontro” machen auf die Praktiken der drei Drogensyndikate in den Favelas, den Armenvierteln von Rio de Janeiro, aufmerksam.

In jedem Karnevalsumzug erkennt man die teilnehmenden Karnevalsvereinigungen an ihren jeweiligen Fahnen, die Bandeiras, Standarten, genannt werden. Die Favela (port. Elendsviertel) Jacarezinho (das heißt kleiner Alligator) ist stolz auf eine eigene Sambaschule. Die Bandeiras drücken den Enthusiasmus und die Bereitschaft jeder Vereinigung aus, dem Karnevalsgott als immer währenden Bringer des Lebenselixiers zu huldigen und ihm Mottos als Opfergaben anzubieten, z.B. bestimmte Probleme in den Favelas, die dieser Götze formulieren und anprangern darf und auch kann.

Auf dem schwarzen, durchsichtigen Dessous-Stoff der Bandeiras sind mit grüner Seide Wortstickereien eingearbeitet. Die Bedeutung dieser Worte begleiten das Leben in den Favelas: die Symbole der die Favelas beherrschenden drei Drug-Syndikate (Comando Vermelho, Amigos dos Amigos, Terceiro Comando ), Abkürzungen wie GE (General Electric, dieser Multinational hat mit einer dicken Mauer Jacarezinho von der Außenwelt abgeschnitten), MPF (Movimanto Popular de Favelas; eine Organisation, die die Favelas untereinander kommunizieren läßt) und ONG (Non Government Organisation) , aber auch charakterisierende Worte und Slangs, die ich in den Favelas hörte, sind bordiert.

Das sanfte Schleifen (Luftgeräusche) der Bandeiras über dem Fußboden, hörbar aus den kleinen eingelassenen Lautsprechern, unterstreicht die empfindliche Zerbrechlichkeit, die unter der Haut der kriminalisierten Gesellschaftsordnung in den Ghettos gärt.

Gegenüber der Bandeiras ist die Teilkomposition Bandeiras encontro zu hören, Klangflächen aus den Favelas Vicigao, Rozinho und Jacarezinho. Die Trommeln wurden von Kindern der Theatergruppe „Nos do Morro“ in Vicigao bespielt und unterstreichen die Gewalt, die in den Favelas herrscht.

In Bandeiras hört man andere Töne, eine persönlich bewusste Abhängigkeit.

© Copyright - Michael Fahres